Mein Genius ist mein einzigartiges Geschenk an mich und die Welt. Er beantwortet die Fragen:
- Was macht mich im Wesentlichen aus?
- Wofür bin ich auf der Welt?
- Was ist mein tragendes Lebensmotiv?
Die Vorstellung, dass jeder Mensch einen Genius besitzt, findet sich in vielen Kulturen. In unserer Gesellschaft ist sie jedoch in Vergessenheit geraten und wir belegen den Genius eher als besondere geistige Fähigkeit und setzten Genius mit Genie gleich. Die Idee des Genius ist jedoch eine andere. Die Römer und Griechen glaubten zum Beispiel, der Genius sei ein Geist, der zur selben Zeit geboren wird wie der Mensch, an den er gebunden ist. Sie glaubten, jeder Mensch trägt diesen Genius als Richtungsweiser und Schutz sein ganzes Leben mit sich. In diesem Sinne ist der Genius also ein Leitstern und Schutzengeln in einem. Der Genius ist also eine innere Instanz, die uns gleichzeitig schützt und lenkt.
Dick Richards hat diese Metapher aufgenommen und daraus den Ansatz der Genius-Arbeit entwickelt.* Für ihn gibt es dabei 4 Grundprinzipien eines sinn-vollen Lebens:
- Wir haben einen Genius, der unser ganz besonderes Geschenk an die Welt ist, vor allem an die Menschen um uns herum.
- Wenn wir unserem Genius folgen, wird unser Leben sinnvoller.
- Unser Leben wird sinnvoller, wenn wir uns einer bestimmten Aufgabe hingeben.
- Es gelingt uns besser, unserem Genius zu folgend und uns einer bestimmten Aufgabe zu verschreiben, wenn wir für eine unterstützende Umgebung sorgen.
Unseren Genius zu finden und ihm einen Namen zu geben, der ihn zutreffend ausdrückt, ist daher ein starker Impuls, das eigene Leben zunehmend so zu gestalten, dass es stimmig, gehaltvoll und erfüllend ist.
Richards verwendet für diesen Namen eine ganz verdichtete Form, die nur aus einem Adjektiv oder Nomen und einem Verb besteht. So kann der Genius zum Beispiel lauten:
- Brücken bauen
- Tiefer graben
- Hindernisse überwinden
- Das Positive erkennen
- Die Bühne aufbauen
- Für Sicherheit sorgen
Wie ein Leitstern, engt der Genius nicht ein, sondern zeigt die Qualität, die wir als besondere Gabe mit auf die Welt bringen und in diese einweben können. Der Genius bestimmt unseren Alltag auf eine Art und Weise, die wir gar nicht unbedingt merken. Er kennzeichnet die Dinge, die uns leicht von der Hand gehen, für uns daher gar nicht so besonders sind, jedoch anderen auffallen und für die wir zum Beispiel oft mit Anerkennung beschenkt werden. Nach Richards gibt es nur einen Genius, der uns auszeichnet. Wir können ihn uns auch nicht aussuchen – er ist also nicht etwas, dass wir gerne hätten oder uns wünschen. Er ist, was er ist. Hat man seinen Genius gefunden und benannt, so kann man ihn bei entscheidenden Fragestellungen, neuen Jobangeboten etc. als Wegweiser einbeziehen. Die Frage lautet dann: Dient dies meinem Genius?
Die Entdeckungsreise zu unserem eigenen Genius beginnen wir am besten mit ein paar Fragen. Doch Vorsicht – nicht immer zeigt sich der Genius gleich. Manche Menschen erkennen ihn sofort andere brauchen länger, bis sie ihm auf die Spur kommen. Vielleicht braucht es also ein bisschen Geduld, um die Einsicht reifen zu lassen. Ob der gefundene Genius passt, merkt man durch eine eindeutig körperliche Reaktion und dem damit verbundenen Gefühl gesehen zu werden mit dem, was man als besonderes Geschenk für sich und andere in die Welt trägt.
Beispiele für Genius-Fragen**:
- Was bereitet mir tiefe Freude?
- Wenn ich eine Milliarde Euro hätte, was würde ich tun?
- Wenn ich eine Rede an die Nation halten könnte, welche Botschaft wäre mir wichtig?
- Was habe ich früher als Kind/Jugendlicher immer gern getan? (10 Aktivitäten)
- Was interessiert mich nachhaltig?
- Was tue ich gern, wenn ich alleine bin?
- Wann fühle ich mich leicht?
- Was ist meine besondere Art anderen und zugleich mir gut zu tun?
- Was tue ich als erstes, wenn ich einen mir bisher unbekannten Raum betrete?
- Was erzählen mir andere über meine Ausstrahlung?
- Was macht meinen unverwechselbaren Charakter aus? Was lebe ich davon zur Zeit?
- Wofür setze ich mich immer wieder ein?
Nehmen Sie ein A4-Blatt. Schreiben Sie in die Mitte ihren Namen und schreiben Sie rund herum die Antwort zu den Fragen in Stichworten. Schauen Sie sich ihre Antworten an. Gibt es eine wiederkehrende Qualität, einen gemeinsamen Nenner in ihren Antworten? Finden Sie ein Grundmotiv, das allen Antworten gemeinsam ist? Experimentieren Sie dann mit den Worten. Sie werden sehen, wenn Sie ihren Genius gefunden haben, werden Sie das merken. Und dann stellen Sie sich die Frage, inwieweit ihr Genius Raum hat in ihrem Leben und inwieweit, die Dinge die Sie tun, ihrem Genius dienen.
*Dick Richards: Weil ich einzigartig bin. Dem inneren Genius folgen – der eigenen Stärke Raum geben. Freiburg, 1999.
**siehe auch Sinnierkarten von Wolfram Jokisch: „Genius-Karten“, 2005.